
Heinrich Friedrich Füger
Heilbronn 1751 – 1818 Wien
Königin Semiramis
signiert am rechten unteren Bildrand: Füger pinx.1800
Öl auf Leinwand, 112 x 89 cm, vergoldeter Empirerahmen
Provenienz: Privatbesitz, Hamburg. – Kunst- und Musikalienhandlung Schreivogel, Wien (1804). – Privatsammlung, Deutschland.
Dieses von den Zeitgenossen hoch geschätzte Gemälde zeigt Füger am Höhepunkt seines künstlerischen Schaffens. Um die Jahrhundertwende kam Füger, seit 1795 Direktor der Akademie, nach vielen Versuchen zu seiner reifen Auseinandersetzung mit den klassizistischen Ideen. Schon seit seiner frühen Zeit beschäftigte sich Füger immer wieder mit historischen und mythologischen Themen, in denen Frauen eine wichtige Rolle im Umgang mit gesellschaftlichen und politischen Situationen spielten. Dabei konzipierte er männliche und weibliche Themen als Gegenstücke. Das Pendant zu Semiramis verkörperte Achill, der über den Tod des Patroklus trauert (Gemälde nicht mehr nachweisbar, Schabblatt von Vincenz Kininger, 1802). Äußere Ruhe und innere Spannung halten das labile Gleichgewicht. Die zentrale Figur löst sich in beiden Gemälden von der Umgebung und fordert geradezu den Betrachter heraus, sich in die dargestellte Situation zu versetzen und zu einer Entscheidung zu finden. Hier liegt Fügers einzigartige künstlerische Intention, dem Betrachter keine Lösungen zu liefern, sondern ihn zum Nachdenken über seine eigene moralische Position zu bewegen. Füger erreichte dies mit der Schilderung einer sehr zurückhaltenden Mimik und Gestik.
Die beste zeitgenössische Beschreibung dieses Bildes lieferte der Sekretär der Wiener Akademie Heinrich Rudolf Füssli: „Letztes ganz vollendetes Historiengemälde stellt die assyrische Königin Semyramis vor, die bei ihrem Putztisch sitzend, die unvermuthete Nachricht erhält, dass sich die Babylonier wider sie empört haben. Eine Komposition von vier Figuren in fast halber Lebensgröße. Die Königin, die eben mit Kämmung ihrer Haare beschäftigt war, empfängt die Botschaft von zwey ihrer Hofmänner, deren einer ein Kriegsmann ist; gegen diese wendet sie sich seitwärts, mit einer ernsten unerschrockenen u. stolzen Miene, hält in der einen Hand den Kamm, fasst mit der andern einen Theil der aus einander gelegten Haare, und scheint im Begriff zu seyn, den Ausdruck zu thun, daß diese Haare bis nach der Bestrafung der Rebellen ungekämmt bleiben sollen.“ H.R. Füssli, Annalen der Bildenden Künste in den österreichischen Staaten, Wien, 1801, S. 83).
1804 wurde das Bild während der Messe in Leipzig gezeigt und im Journal des Luxus und der Moden (Juni 1804, S. 295) beschrieben: „Eine Semiramis von Füger…wer könnte das Gesicht der schönen Königin, ihre Würde ihre Grazie, den Schreck so trefflich ausgedrückt bewundern, ohne zu wünschen, dass er auch 150 Louis in der Tasche hätte, um das reizende Bild sein nennen zu können.“
Schabblatt nach dem Gemälde von Füger von Johann Peter Pichler, 1803 (85 x 61 cm)
Literatur:
- R. Füssli, Annalen der bildenden Künste für die österreichischen Staaten, Wien 1801, S. 83
- Boetticher, Malerwerke des 19. Jahrhunderts, Füger Gemälde Nr. 45
- Wilczek, H. F. Füger, Diss. Wien, 1925, Werkverzeichnis Nr. 87
- Keil, Heinrich Friedrich Füger, Nur wenigen ist es vergönnt das Licht der Wahrheit zu sehen, Wien 2009, S. 105, S. 348,WV 467, Farbabb.
Preis: 140.000 €