Antonio VASSILACCHI, gen. Aliense

Melos 1556 – 1629 Venedig

Venus betrauert den toten Adonis

signiert: Antonio crequi

rückseitig von fremder Hand in schwarzer Tinte beschriftet: Antonio Krequi
Feder in Braun, braun laviert, 19 x 25,3 cm

Wasserzeichen: Fleur-de-lis in einem Kreis, vgl. Briquet Nr. 7106, Ferrara 1561/1585
Über das Leben von Antonio Vassilacchi, seine künstlerische Laufbahn und seine Arbeiten berichtete schon Carlo Ridolfi 1648 in seinem Werk „Le Maraviglie dell `Arte“[1] sehr ausführlich und authentisch, da er seine Lehrzeit im Atelier des Meisters verbrachte hatte.
Während über die Gemälde ausreichend Informationen vorhanden sind, ist man bei den Zeichnungen auf die schriftlichen Äußerungen Ridolfis angewiesen. Vassilacchi sammelte Zeichnungen berühmter Künstler der vorangegangenen Generation wie auch zeitgenössischer Künstler. Vor allem die Zeichnungen seiner Lehrer Veronese und Tintoretto und schließlich Luca Cambiasos individueller Stil prägten seine graphischen Arbeiten. Bert Meijer [2] und Carmen Bambach [3] versuchten vor allem den wichtigen Einfluss von Cambiasos kubistischem Zeichnungsstil hervorzuheben. Denn schon Ridolfi erwähnte[4], dass Vassilacchis Zeichnungen als Arbeiten des genuesischen Künstlers angersehen werden konnten. Allerdings gibt es keine signierten Arbeiten, die einen endgültigen Beweis für diese Aussage liefern können. Denn keine der bisher publizierten Zeichnungen entspricht den Äußerungen Ridolfis in engerem Sinn.
Der erste Eindruck, den die vorliegende Zeichnung vermittelt, könnte einem Künstler aus dem Umkreis von Hans Speckaert entsprechen und in weiterer Folge Künstlern, die in Rom bzw. Venedig gelernt hatten und später in den nördlich der Alpen gelegenen Kunstzentren Karriere machten.
Doch bei näherer Betrachtung ergeben sich Unterschiede. Der Autor dieses Blattes konzentriert sich auf die Festlegung der Konturen und laviert die Binnenstruktur. Der liegende Adonis entspricht der stereometrischen Körperbildung Cambiasos viel stärker als Arbeiten der oben genannten Künstler.
Auf der Rückseite einer Entwurfszeichnung im Louvre[5], befindet sich ein schriftlicher Kontrakt Vassilacchis, auf dem der Künstler als „Antonio Aliensis“[6] unterzeichnet hatte. Der Schriftzug ist dem des vorliegenden Blattes sehr ähnlich.
Die Bezeichnung „crequi“ weist auf die Herkunft des Künstlers hin, die hier nicht verschwiegen, sondern hervorgehoben wird. Die Tinte der Signatur stimmt mit der Tinte der Zeichnung weitgehend überein. Die Signatur mit der Bezeichnung der Herkunft deutet auf eine selbstbewusste Einstellung des Künstlers hin. Sie steht in einer gewissen Verbindung zu den Zeichnungen der – vor allem im deutschsprachigen Raum tätigen – Künstlergeneration um 1600[7], die ihre Arbeiten signierten und ihren Kollegen schenkten. So könnte diese Zeichnung auch von Vassilacchi an einen Künstlerkollegen weitergegeben worden sein.


[1] Ridolfi, Le Maraviglie dell`Arte, Venedig 1648, 2 Bände

[2] Bert Meijer, Disegni di Antonio Vassilacchi detto l`Aliense, in: Arte Veneta, Heft 53, 1998, S. 34 – 51. – Vorarbeiten zu einer Erfassung Vassilacchis als Zeichner von Tietze, Hans u. Tietze-Conrat, Erika, The Drawings oft he Venetian Painters in the 15th and 16th Centuries, New York, 1944, no. 987

[3] Bambach, Carmen, Aliense`s Collection of Drawings: A Suggestion, in: Master Drawings, Band 47, 2009, 4, S. 453-457

[4] Ridolfi, Le Maraviglie, S. 222, „… e molti ne compose ancora su la via del Cangiasio, che si credono di quella mano“.

[5] Paris, Musée du Louvre, Département des Arts Graphiques, Invnr. 5505

[6] Bambach, op.cit. Fig. 5

[7] Geissler, Heinrich, Zeichnung in Deutschland 1540 – 1600, Ausstellungskatalog Staatsgalerie Stuttgart, 1979, Band 2, S. 211 f – zu den Zeichnungen der künstlerischen Stammbücher

Preis: 12.000 €